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Premiere "Familie Braun" in Halberstadt

(25.02.2019)

Auszüge aus den Kritiken:

"…In seiner Stückfassung lässt sich Meimberg wesentlich mehr Zeit, um Thomas’ Wandlung vom Saulus zum Paulus stärker zu motivieren, etwa indem er dessen Exfreundin Julia einbaut. Damit nimmt er Tempo raus, gewinnt aber an Glaubwürdigkeit. Anders als Edin Hasanović, der in der Serie als Nazi etwas deplatziert wirkte, prollt Eric Eisenach als Thomas beim Try Out in Halberstadt lange rum, wirkt zwar ziemlich irritiert von Lara, aber auch abgrundtief genervt. Erst allmählich sieht man es in ihm arbeiten…Dass das Stück zur Serie jetzt ausgerechnet in Halberstadt herauskommt (und nicht etwa in Quedlinburg, dem Schauspiel-Hauptsitz am Nordharzer Städtebundtheater) ist selbst eine Pointe – eine ziemlich bittere. 2007 hatten hier vier Neonazis fünf Schauspieler verprügelt; die Polizei arbeitete dilettantisch, man könnte auch sagen: Sie wollte nichts gesehen haben. Ähnliches ließe sich vom Richter des anschließenden Prozesses sagen. Fast hatte man den Eindruck, das Theater sei die einzige Institution mit Mut – als Reaktion startete es die Initiative gegen Rechts "Auf die Plätze!". Jetzt also das Satyrspiel zur Tragödie…Mit Ananya Bönisch hat Wirnitzer zudem eine so hinreißend sympathische, einnehmend kindliche Lara zur Verfügung, dass Meimbergs Entwaffnungskonzept durch Naivität auch auf der Bühne funktioniert. Wie Eric Eisenachs emotionale Mauer zu bröckeln beginnt, ist ebenso sehenswert wie Jonte Volkmanns ziemlich blöder, aber leidenschaftlicher und körperlich dauergespannter Kai, ein im Grunde bedauernswerter Loser…der Drive stimmt, die Pointen sitzen. Wie schon in der Serie muss man N-Wörter im Dutzend ertragen und auch damit rechnen, dass das Publikum an Stellen lacht, wo’s einen eigentlich würgen müsste. Aber dafür erlebt man, wie ein vermeintlich Verlorener zu denken, noch wichtiger: zu fühlen beginnt…"

("Zweifel an der Heimatfront" von Georg Kasch/ nachtkritik.de)

"..."Familie Braun" am Nordharzer Städtebundtheater ist ein Ereignis: zum Hingucken, zum Hinhören und vor allem zum Nachdenken...90 Minuten lang folgten dann Pointen auf Pointen, gelegentlich auch Kalauer, die das Publikum nicht nur zum Schmunzeln brachten. Wodurch - medizinisch gesehen - das Gehirn mit mehr Sauerstoff versorgt wurde, und somit das Denkvermögen verbessert wird. Eine Hoffnung, die Autor Manuel Meimberg mit seinem Stück verbindet, dass die nicht weich gespülten Dialoge, in ihrer gleichzeitigen Witzigkeit und Frechheit, dennoch voller Empathie, die Zuschauer zum nachhaltigen Nachdenken anregen. Meimberg, der die Premiere miterlebte, genoss den lang anhaltenden Schlussapplaus und sparte anschließend nicht an Lob für Inszenierung und Ensemble...."

("Ist er doch wieder da?" von Renate Petrahn/Volksstimme, 23.02.19)